Die Psychomotorik nach dem sinnverstehenden Ansatz von Aucouturier

 

"Denn es gibt keine Handlung ohne Grund.

Und das, was ein Kind spontan tut, entspricht immer seinen tiefen Motivationen.

An uns liegt es, zu verstehen, was dieses Tun ausdrückt und mit unserem eigenen Tun darauf zu antworten."
(Bernard Aucouturier)

 

Der Franzose Bernard Aucouturier (*1934), welcher von seiner Grundausbildung her Sportpädagoge ist, begann in den 60er-Jahren mit der Konzeptionierung eines eigenständigen Ansatzes in der französischen Psychomotorik und entwickelt diesen seither stetig weiter oder verändert ihn neuen Erkenntnissen oder Erfahrungen entsprechend. Über 35 Jahre arbeitete er in seinem Zentrum in Tour mit Kindern mit unterschiedlichsten Entwicklungsstörungen. Die Weiterbildung in psychomotorischer Praxis Aucouturier (PPA) wird seit nunmehr 15 Jahren im ZAPPA-Fort- und Weiterbildungsinstitut in Bonn von Frau Marion Esser angeboten.

Es handelt sich bei dem psychomotorischen Ansatz nach Bernard Aucouturier um einen sehr menschlichen und tiefenpsychologisch orientierten Ansatz, dessen Voraussetzung die uneingeschränkte Annahme des Kindes mit seiner besonderen Eigenart und unwiederholbaren Lebensgeschichte ist. Dieser Ansatz orientiert sich nicht an den Defiziten des Kindes, sondern ist ausgerichtet auf die vom Kind mitgebrachten Möglichkeiten. Es geht nicht darum die Probleme des Kindes zu kompensieren; es geht darum, es in seiner Entwicklung zu unterstützen.

Die ursprüngliche Wortbedeutung von Psycho-Motorik beschreibt, dass Bewegung und psychische Prozesse miteinander verbunden sind. Je jünger das Kind ist, desto enger. Dieser Bedeutung entsprechend hat das Kind in der psychomotorischen Praxis Aucouturier vielfältige Möglichkeiten für tonisch-emotionales Erleben. Da Kinder nur das, was über körperliches Empfinden und Gefühl erlebt wird, wirklich in sich aufnehmen, werden in der Psychomotorik die Inhalte einer Stunde nicht von der Psychomotorikerin vorgegeben, sondern entstehen aus den spontanen Aktivitäten des Kindes. Das Kind hat die Möglichkeit, sich in einem, ihm zur Verfügung gestellten psychomotorischen Raum, frei und spontan zu entfalten und sich über Bewegung und Handlung auszudrücken.

Die nach dem verstehenden psychomotorischen Ansatz arbeitende Psychomotorikerin liest die Bewegungen des Kindes als körperliche Erscheinung seines inneren Bewegt-seins und seiner affektiv-emotionalen Geschichte. Das Kind erzählt uns also über den Körper, das Spiel und die Bewegung seine Geschichte, präsentiert sein ICH und drückt sein Befinden aus. Die nonverbalen Mitteilungen des Kindes versuchen wir in ihrem Sinn zu begreifen und dem Kind entwicklungsunterstützend zu antworten.

 

Der Psychomotorik-Raum – seine Idee, sein Material und die verschiedenen Phasen der Stunde

Da den Kindern im Psychomotorik-Raum eine Vielfalt an Bewegungserfahrungen und der Ausdruck innerer Bilder und Gefühle über das körperliche Erleben ermöglicht werden sollen, wird ihnen hier Raum und kindgerechtes Material zur Verfügung gestellt, das seinen symbolischen Gehalt erst durch das Spiel des Kindes erhält. Das Material bietet sich durch sein bloßes Vorhandensein im psychomotorischen Raum selbst den Kindern an. Ein Hauptbestandteil der psychomotorischen Praxis sind hierbei große und kleine Bewegungsbausteine aus Schaumstoff in unterschiedlichen Farben.

 

Vier Phasen der Stunde

Vier Phasen, die sich jede Stunde wiederholen und inhaltlich vom Kind selbst frei und spontan gestaltet werden, bilden den Rahmen der Psychomotorik-Stunde. Nach der Begrüßung, die jede Stunde nach bestimmten Ritualen verläuft, um den Kindern Struktur und Orientierung im Raum zu geben, beginnt die sensomotorische Phase, in der das Kind klettern, springen, rutschen, rollen, schwingen, sich-fallenlassen, rennen, Kräfte messen, Verstecken und Fangen spielen; kurzum in Bewegung kommen kann. Das Kind hat die Möglichkeiten Widerstand und den eigenen Körper zu spüren, seine eigenen Grenzen auszutesten und Spannungen abzureagieren.

Diese Phase geht fließend über zur symbolischen Phase, in der Rollenspiele entstehen können, in denen das Kind frühe tiefliegende bewusste und unbewusste Erlebnisse noch einmal durchlebt. Ebenso hat es die Möglichkeit mit geeignetem Material eigene Phantasien und Emotionen zum Ausdruck zu bringen.

Die darauf folgende Geschichte, die die Psychomotorikerin gemeinsam mit den Kindern erzählt, gibt dem Kind die Möglichkeit zu verbalem Ausdruck seiner inneren Empfindungen und hier vor allem seiner Ängste. Sie hilft dem Kind, vom körperlich-emotionalen Erleben zu Sprechen und Denken, vom direkten leibhaftigen Bewegen zu innerer Bewegung zu kommen.

Abschließend kann im Bereich für grafische oder plastische Expressivität gemalt, geknetet oder mit Holzklötzen gebaut werden. Das Körpererleben und die Emotion des Kindes kommen zur Ruhe und das Kind bringt sich auf einer anderen Ebene zum Ausdruck. Hier kann es ebenfalls Worte finden für sein Erleben und seine Geschichte. Die Emotionen bleiben im übertragenen Sinn „im Objekt“, das Kind kann die Stunde emotional abschließen.

 

Zielsetzung

In der Psychomotorik wird die Geschichte des Kindes durch Bewegung, Emotionen und dem Spüren des eigenen Körpers lebendig. Über den Körper und das Spiel will sie den Entwicklungsweg des Kindes vom Handeln zum Denken begleiten und ihm Möglichkeiten zur psychischen Reifung eröffnen. Das Kind wird in diesem Prozess stets durch einen ausgebildeten Erwachsenen begleitet. Im Vordergrund stehen hierbei immer die Lust und Freude des Kindes am eigenen Handeln. Die drei Grundziele der Psychomotorik sind somit Kreativität, Kommunikation und Dezentrierung (die Fähigkeit von eigenen Gefühlen Abstand nehmen zu können, um die Perspektive des Gegenübers einzunehmen und verstehend zu reagieren).

 

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